10.08.2023
Vito Zingerle war Mitglied des Aufsichtsrats des Vereins
Vito Zingerle ist am 7. August mit 52 Jahren seiner Krankheit erlegen. Die Tatsache, dass er aus dem vollen Leben gerissen wurde, lässt Freund*innen, Arbeitskollegen, Wegbegleiter*innen fassungslos zurück.
„Ich habe Vito kennengelernt, als er an der Uni Innsbruck bei Konrad Thaler seine Masterarbeit über Spinnen schrieb, und er war schon damals von einer ansteckenden Begeisterungsfähigkeit, sodass ich mich ebenfalls für „seine“ Tiere zu interessieren begann. Da Vito zuletzt als Amtsleiter nicht nur für Forschung, Innovation und Universität, sondern auch für die Museen zuständig war, konnte er natürlich auf seine Erfahrungen als Direktor des Naturmuseums Südtirol zurückgreifen, das unter seiner Leitung zum führenden Forschungsmuseum des Landes wurde. Vito Zingerle hat sein Museum stets mit den großen Häusern in der Euregio, dem Innsbrucker Ferdinandeum und dem MUSE in Trento, aber auch mit dem Haus der Natur in Salzburg verglichen, und das Naturmuseum machte unter seiner Leitung trotz begrenzter Mittel einen gewaltigen Sprung nach vorne. Mit demselben Elan hat er als Leiter der Abteilung Innovation, Forschung, Universität und Museen die vielfältigen Aufgaben des Amtes angepackt und das Standing, die Vernetzung und Internationalisierung der Forschung in diesem Land auf ein neues Niveau gehoben.
Dieses Land verliert eine große Persönlichkeit, einen engagierten, kundigen, mitfühlenden Experten. Er war in seinem zu kurzen Leben Familienmensch, Freund, Kamerad, Kollege, Wissenschaftler, Leitungspersönlichkeit und ein großes Vorbild für alle, denen Wissenschaft und Kultur in diesem Land ein Anliegen sind.“
Roland Psenner, Präsident Eurac Bozen
Evelyn Kustatscher, Konservatorin für Paläontologie am Naturmuseum Bozen, betont die enge Verbundenheit Vito Zingerles mit dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum durch zahlreiche Kooperationen mit der Naturwissenschaftlichen Sammlung.
„Forschung hat Vito Zingerle immer im Euregio-Bereich gesehen, daher hat er immer die Zusammenarbeit mit dem Ferdinandeum vor allem mit den naturwissenschaftlichen Sammlungen gesucht und sich mit den Experten intensiv ausgetauscht. Diese Zusammenarbeit war ihm ein starkes Bedürfnis, aus dem viele gemeinsame Projekte und auch Ausstellungen entstanden sind“. Sie sieht auch die künftige Zusammenarbeit der Museen, mit den Kultur-Institutionen in der Euregio besonders im Bereich von Biodiversität und naturwissenschaftlichem Kulturgut als Vermächtnis von Vito Zingerle für grenzübergreifende, erfolgreiche Zusammenarbeit.
Peter Huemer, der Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlungen des Ferdinandeums, bedauert den Tod von Vito Zinglerle zutiefst: „Mit Vito Zingerle verlieren die Naturwissenschaften der TLM nicht nur einen Vollblutbiologen, sondern auch und vor allem eine jahrelangen Wegbegleiter und Freund. Bedeutende gemeinsame Projekte wurden Dank seines Einsatzes ermöglicht, beispielsweise ein wunderbares Buch zu den Tagfaltern Südtirols, ein gemeinsames Filmprojekt oder zuletzt umfassende genetische Studien zu Schmetterlingen und anderen Wirbellosen. Vito war hier weit mehr als der Organisator im Hintergrund. Öfters trafen wir uns zwischen Dolomiten und Ortler und verbrachten gemeinsam die Nachtstunden am Kunstlicht, vertieft in Gespräche und in Erwartung interessanter Insekte“.
Seit 2015 war Vito Mitglied des Aufsichtsrats des Vereins Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Er war dem Verein als Experte im Bereich der Naturwissenschaften und des Museumswesens von unschätzbarem Wert. So hat er auch die Implementierung unseres großen Projektes der Digitalisierung unserer Sammlungsbestände stets vehement unterstützt.
„Für die Museumswelt eröffnet die Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten und damit die Chance, bislang ungenutzte Potenziale bei der Vermittlung, Archivierung und wissenschaftlichen Aufarbeitung von Kunst, Kultur und Natur auszuschöpfen. Durch eine engere Kooperation der Bereiche soll wissenschaftliche Forschung in den kommenden Jahren als eine der Grundsäulen der Museumsarbeit weiter ausgebaut werden. Jedes Museum wird künftig wohl seine ganz individuellen Antworten auf diese Fragen finden müssen, um die Digitalisierung in den Dienst der eigenen Botschaft zu stellen und die digitale Transformation in den Museumsmauern – und im „erweiterten Raum“ – aktiv mitzugestalten.“ Vito Zingerle. Kulturberichte 2021 für Tirol und Südtirol. Vernetzte Kultur.
Es waren aber auch die großen menschlichen Qualitäten Vito Zingerles, die wir so schätzten. Nie mehr wird er, der Vielbeschäftigte, atemlos zu unseren Aufsichtsrats-Sitzungen erscheinen. Nie mehr wird er aufmerksam, gelassen und kompetent zu unseren Agenden Stellung beziehen und klug beraten. Das macht uns sehr traurig. Wir verlieren mit Vito Zingerle einen wichtigen Berater, einen Freund unseres Museums. Wir vermissen ihn und werden ihn nicht vergessen.
Vito Zingerle (*1970) stammte aus St. Martin in Thurn. Nach der Matura am Realgymnasium Bruneck studierte er Zoologie und Ökologie an der Universität Innsbruck. Im Anschluss absolvierte er ein Doktoratsstudium der Naturwissenschaften, das er 1999 mit Auszeichnung abschloss. Im selben Jahr begann er seine Tätigkeit am Naturmuseum Südtirol in Bozen, das er ab 2001 leitete. 2017 wechselte er als Direktor in die Abteilung für Innovation, Forschung, Universität und Museen der Südtiroler Landesverwaltung.
Barbara Psenner, Mitglied des Aufsichtsrates des Vereins